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eine wohlfeile Beliebigkeitsschreibung?
Immerhin, mittlerweile hat sich etwas getan beim Dauerärgernis deutsche Rechtschreibung. Am 1.August 2006 ist die Reform der Reform der
deutschen Rechtschreibung in Kraft getreten. Dennoch, die Überschrift, die hier die Situation der letzten zehn Jahre zum Ausdruck bringt,
bleibt uns leider erhalten. Auch die allerneueste deutsche Rechtschreibung ist
eine Beliebigkeitsschreibung geblieben. Sie hat sich zwar wieder mehr der
traditionellen Schreibung vor den Reformbemühungen angepasst, aber die (noch weiter vermehrten) Alternativen der
Richtigschreibung machen das Regelwerk unübersichtlich. Zwar gibt der „Duden“ Hilfestellung, indem er bestimmte Schreibungen empfiehlt, aber andere
Orthografie-Wegweiser, wie etwa der „Wahrig“ von Bertelsmann, setzen andere Akzente.
Noch einmal ein „Dennoch“: Die Reform der Reform geht den einzig erfolgversprechenden Weg. Das Deutsche ist eine sehr lebendige Sprache. Die Gemeinschaft aller deutsch Schreibenden wird entscheiden, welche Schreibvarianten sich durchsetzen und zur „Norm“ werden. Erfreulich ist, dass viele Zeitungen und Zeitschriften am 1.August 2006 wieder zur „amtlichen“ Rechtschreibung zurückgekehrt sind. Das erhöht den Druck auf die übrigen, sich der „Solidargemeinschaft einheitliche deutsche Rechtschreibung“ anzuschließen. Etwas zur Historie der Rechtschreibreform
Protestiert hatten wir alle viel zu spät. Vor allem die einflussreichen Schriftsteller um Günter Grass, die erst vehement Einspruch einlegten, als es zu spät war.
Die zunächst positive, dann abwartende Haltung war aber verständlich. Denn eine Kommission hatte ja den jahrzehntelangen „Reformstau“ beendet. Allein schon das wurde in den neunziger Jahren als großes Verdienst gefeiert, jedenfalls mehrheitlich von der veröffentlichten Meinung, auf die es ja ankommt.
Die öffentliche Meinung war schon damals anderer Ansicht. Wo Volksabstimmungen stattfanden, wie
bei uns in Schleswig-Holstein, erfuhr die so genannte Rechtschreibreform eine
deutliche Abfuhr.
Nun hatten wir es also, das Rechtschreibchaos, und manch einer im
deutschsprachigen Raum fühlte sich dabei gar nicht so unwohl. Denn erlaubt war, was beliebt.
Extreme waren
• die alte Rechtschreibung, die auch übliche, gängige, bewährte oder konservative Rechtschreibung genannt wurde und die damals wieder
etliche Zeitungen und Zeitschriften praktizierten, auch meinungsbildende.
• die neue Rechtschreibung, die auch reformierte oder progressive Rechtschreibung genannt wurde
• und die vielen Zwitter zwischen alt (konservativ) und neu (progressiv), zum Beispiel die Agentur-Variante, die von Nachrichtenagenturen sowie den
meisten Zeitungen und vielen Zeitschriften bevorzugt wurde.
Folge war eine Flut von „persönlichen deutschen Rechtschreibungen“, die zwischen alt (bewährt, konservativ) und neu (reformiert, progressiv) lagen.
Auch wir im Lektorat des Verlags Beruf und Schule frönten jeweils unserer persönlichen Rechtschreibung.
Bei Schulbüchern allerdings wandten wir getreulich die reformierte Rechtschreibung an. Doch gab es auch hier noch eine Menge Wahlmöglichkeiten. Die in Wörterbüchern wie „Wahrig“ oder „Duden“ gebotenen Alternativen waren (und sind leider auch heute noch) für „Laien“ kaum überschaubar.
Das war genau so in der Schule. Zwar musste dort die amtliche deutsche
Rechtschreibung der „Ständigen Konferenz der Kultusminister“ gelehrt und praktiziert werden. Aber wie schon ausgeführt, auch jede Lehrkraft durfte im Rahmen der Alternativen ihre Präferenzen setzen. Am 1. August 2005 war die neue Rechtschreibung in den meisten
Bundesländern verbindlich geworden, nur nicht in NRW und Bayern.
Fazit: Außerhalb von Schulen und staatlichen Stellen galt (und gilt immer noch) alles als
korrekt, was entweder nach alter, nach neuer oder nach reformierter neuer
Rechtschreibung richtig ist.
Immerhin: Keine Chance, als richtig anerkannt zu werden, hatten und haben
Schreibungen wie Rad Fahren, außer aller acht, aufwändisch, Kängeru, Gelantine, Strasse, Füsse, sodaß, Flüße, die in jedweder deutschen Rechtschreibung falsch sind.
Anmerkung 1: „Strasse“ war und ist aber in der Schweiz korrekt.
Anmerkung 2: Zeichensetzung war und ist weitgehend beliebig.
Anmerkung 3: Der DTP-Workflow läuft reibungsloser ohne Korrektoren.
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